Translate - Übersetzen - anklicken

Montag, 1. Oktober 2012


Leserbrief zum Beitrag

350 Jahre Book of Common Prayer

                     — eine erweckliche Liturgie

von Pfr. Prof. Dr. Samuel Leuenberger (DIAKRISIS 3-2012).


Das Allgemeine Gebetbuch in Deutsch - Teil einer Gesamtausgabe 

Zuallererst gebührt
Pfarrer Prof. Dr. Samuel Leuenberger
sowie der
Schriftleitung von DIAKRISIS
aufrichtiger Dank für die Entscheidung,
das große Jubiläum
der bei Weitem wichtigsten anglikanischen Agende,
des Book of Common Prayer von 1662, mit einem eigenen Beitrag
in DIAKRISIS zu würdigen. 


Dies ist im deutschsprachigen Raum keine Selbstverständlichkeit,
sondern ein weiterer Beweis für die echte ökumenische Gesinnung der
Schriftleitung und der Herausgeber — ein Beleg dafür, wie ernst es der
Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften mit der Förderung der
Einheit bekennender Christen durch das Scharen um ihren HErrn und Erlöser ist.
Wie sicher vielen Lesern aufgefallen ist, legt der letzte Absatz des Beitrags von
Prof. Leuenberger eine neue Würdigung des bekenntnisökumenischen Potentials
des Anglikanismus nahe. Dort schreibt Prof. Leuenberger über das Book of
Common Prayer: „[D]iese Liturgie [verfügt] über ein geniales ökumenisches
Potential, das Brücken schlägt zu der katholischen sowie zu den reformatorischen
Kirchen.“ Was aber für die anglikanische Liturgie gilt, muss nach der
theologischen Regel lex orandi, lex credendi auch für die anglikanische Lehre
und Sakramentsverwaltung gelten — und damit für die anglikanische Kirche in
der Gesamtheit ihres geistlichen Handelns. Das wahrhaftig große ökumenische
Potential der anglikanischen Kirche als Brückenkirche wird denn auch immer
wieder von Theologen anglikanischer und anderer Kirchen hervorgehoben.
Gerne wird dies durch die Beschreibung der anglikanischen Identität als via
media zum Ausdruck gebracht. Via media meint hier mitnichten einen die
Wahrheit kompromittierenden Mittelweg, sondern vielmehr den schmalen Pfad,
der halbwahre theologische Einseitigkeiten (gleich, ob römischer, byzantinischer
—oder auch reformatorischer Provenienz) am Wegrand liegen lässt.
Angesichts des ökumenischen Potentials der anglikanischen Kirche ist
in bibel- und bekenntnistreuen Anglikanern ein natürlicher Partner für die
bekenntnisökumenische Bewegung zu sehen. Bemerkenswert ist hierbei der
Umstand, dass die deutliche Mehrheit der anglikanischen Kirchenprovinzen
(in Lateinamerika, Asien, Afrika und dem Nahen Osten) theologisch sehr
konservativ ist. Damit steht die Mehrheit der anglikanischen Kirchengemeinschaft
in deutlichem Gegensatz etwa zu den im Lutherischen Weltbund organisierten
Kirchen und den (wegen der ambivalenten Haltung der Mutterkirche von
England immer noch) „offiziellen“ anglikanischen Kirchenprovinzen des
nordamerikanischen Kontinents, mit denen der größere Teil der anglikanischen
Kirchenprovinzen nunmehr gar keine oder nur eine stark eingeschränkte Kanzel bzw.
Sakramenten-Gemeinschaft pflegt.

Gewiss ist der Schwerpunkt der Internationalen Konferenz bekennender
Gemeinschaften die sogenannte westliche Welt und daher sollten mögliche
anglikanische Partner der IKBG im bekenntnisökumenischen Gespräch
idealerweise eben nicht aus Asien oder Afrika stammen. Daher ist es bedeutsam,
dass sich vor wenigen Jahren auch im nordamerikanischen Anglikanismus eine
Scheidung um der Wahrheit willen vollzogen hat — ganz so wie dies etwas
später auch im nordamerikanischen Luthertum mit der Gründung der North
American Lutheran Church (NALC) als notwendige Absonderung von einer
zunehmend den Boden von Schrift und Bekenntnis verlassenden Evangelical
Lutheran Church in America geschehen ist (vgl. DIAKRISIS 4-2011, 3-2012).
Viele Gemeinden und ganze Diözesen haben sich vor mehr als drei Jahren von der
„offiziellen“ anglikanischen Kirche der USA, die sich inzwischen The Episcopal
Church (TEC) nennt, aufgrund deren schriftwidriger Haltungen insbesondere
in den Bereichen Fundamentaltheologie, Soteriologie, Kirchenverfassung und
(Sexual-) Ethik getrennt, sich mit kleineren altkonfessionellen anglikanischen
Kirchen wie der Reformed Episcopal Church verbunden und 2009 die Anglican
Church in North America (ACNA) gegründet.
 (Das Institut Diakrisis berichtete hierüber auf seiner Internetpräsenz am 24. Juli 2009.)

Diese steht bereits jetzt in Kirchengemeinschaft mit der Mehrheit der
anglikanischen Kirchenprovinzen — nicht jedoch mit der von
revisionistischen Theologen dominierten TEC.
Gegen eine Einbeziehung theologisch konservativer Anglikaner in die
bekenntnisökumenischen Anstrengungen der Internationalen Konferenz
bekennender Gemeinschaften mag auf den ersten Blick zweierlei sprechen.
Erstens heißt es gelegentlich, das Abendmahlsverständnis der anglikanischen
Kirche sei doch „calvinistisch“ und damit ein nahezu unüberwindliches Hindernis
für Gespräche mit lutherischen, römisch-katholischen oder orthodoxen Kirchen.
Dies ist jedoch so pauschal nicht der Fall: Zum einen verwirft zwar das
anglikanische Bekenntnis, die Thirty-Nine Articles of Religion (lateinisch 1562,
englisch 1571 unter der Regentschaft von Königin Elisabeth I. verabschiedet),
aufgrund ihrer Formel von der „geistlichen Nießung“ in Artikel XXVIII
zwar die (erst 1215 im IV. Laterankonzil dogmatisierte) römisch-katholische
Transsubstantiationslehre, lässt sich aber sowohl im Sinne einer „bloßen“
Spiritualpräsenz Jesu Christi im hl. Abendmahl wie auch im Sinne einer
Realpräsenz auslegen. Zum anderen gilt, dass die Regel lex orandi, lex credendi
für die anglikanische (ebenso wie für die orthodoxe) Dogmatik absolut konstitutiv
ist: In der anglikanischen Kirche wird zur kirchlichen Auslegung der Heiligen
Schrift häufig gar nicht auf die Bekenntnisschrift (besagte Thirty-Nine Articles
of Religion), sondern vielmehr auf liturgische Formulare des Book of Common
Prayer verwiesen. Somit ist die Frage nach der Natur des anglikanischen
Abendmahlsverständnisses nicht nur aufgrund des Bekenntnisses, sondern auch
aufgrund der Agende, also des Book of Common Prayer (BCP), zu entscheiden.

Hier nun kommt der vorletzte Satz aus Prof. Leuenbergers jüngstem
Beitrag in DIAKRISIS zum Tragen: „Das BCP kann hochkirchlich zelebriert
werden ohne Verrat der reformatorischen Substanz.“ Was bereits für das
BCP von 1662 gilt, hat noch viel mehr Gültigkeit für die vom so
genannten Anglo-Katholizismus und insbesondere den (seit der Einführung
der Frauenordination in mehreren anglikanischen Kirchenprovinzen erlahmten)
anglikanisch-orthodoxen Einigungsbemühungen beeinflussten und in viele
anglikanische Agenden aufgenommenen Alternativformulare. In diesen werden
Epiklesen (Anrufungen des Heiligen Geistes) vorgeschrieben, die eine in die
Realpräsenz umschlagende Spiritualpräsenz lehren — ganz nach dem Vorbild
der orthodoxen Kirchen des Ostens, in Anlehnung an Johannes von Damascus:
Hochkirchliche Anglikaner glauben daran, dass durch das Wirken des mittels
Epiklese herabgerufenen Heiligen Geistes die Elemente des hl. Abendmahls
wahrhaftig zu Leib und Blut Christi werden. Nicht von ungefähr hat Papst
Benedikt XVI. in seiner Apostolischen Konstitution Anglicanorum coetibus
von 2009 anglikanischen Gemeinschaften, die zur römisch-katholischen Kirche
konvertieren, den Gebrauch von Agenden anglikanischer Tradition in eigens
hierfür geschaffenen Personalprälaturen gestattet.

Ein zweiter, rein pragmatischer, Einwand gegen eine Einbeziehung
theologisch konservativer Anglikaner in die Arbeit der Internationalen Konferenz
bekennender Gemeinschaften (IKBG) könnte lauten, dass es in Mitteleuropa,
dem Schwerpunkt der Arbeit der IKBG, ja gar keine theologisch konservativen
Anglikaner gebe. Dies ist bei näherem Hinsehen jedoch ebenfalls ein Irrtum:
Es gibt hierzulande eine (wenn auch kleine) bibel- und bekenntnistreue,
deutschsprachige anglikanische Kirche — die Reformierte Episkopalkirche,
eine Missionsdiözese der ACNA.
Vermahnung im Morgen- und Abendlob


 Diese Kirche wird noch in diesem
(Jubiläums-) Jahr, so Gott will,
eine neue deutsche Übersetzung des
 Book of Common Prayer unter dem Titel
 „Allgemeines Gebetbuch“ drucken — selbstverständlich einschließlich anglo-katholischer Alternativagenden für den hochkirchlichen Gebrauch, welche auch in der Mehrheit der Missionsgemeinden
und Gründungsarbeiten dieser Kirche zum Einsatz kommen.
(Hier vorbestellen-Auslieferung geplant März 2013)



Das Adjektiv „reformiert“ im Namen der Reformierten Episkopalkirche ist der
Übersetzung des Namens der amerikanischen Reformed Episcopal Church (die in
der ACNA aufgegangen ist) geschuldet. Es drückt keine besondere Affinität zur Genfer
oder gar Zürcher Reformation aus, sondern ist im ursprünglichen Wortsinne zu
verstehen: Die Reformierte Episkopalkirche hat den Anspruch einer geistlichen,
durch biblische Lehre und apostolische Sukzession begründeten, Kontinuität mit
bischöflichen (sprich: anglikanischen) Kirchen früherer Jahrhunderte, welche die
(noch „offizielle“) Episkopalkirche (TEC) immer weniger besitzt. Leitbild der
Reformierten Episkopalkirche ist das liebevolle, aber standhafte Eintreten für den
Glauben, der ein für allemal den Heiligen überliefert worden ist (Jud 3).

Als Konsequenz unserer Hochschätzung der Heiligen Schrift und der echten, mutmaßlich auf Jesus
Christus höchstselbst zurückgehenden, apostolischen Tradition (in dem Umfang, in dem sie sich
ermitteln lässt — in der Regel der schriftgemäße Konsens der frühen Kirche), erklärt sich auch
unsere ablehnende Haltung gegenüber den diversen Anpassungen kirchlicher Verkündigung und
Praxis an den zumeist antichristlichen Zeitgeist, die in vielen evangelischen Landeskirchen (aber
durchaus nicht nur dort!) zu beobachten sind. Einerseits wenden wir uns gegen (zumindest unseres
Erachtens) offensichtlich schriftwidrige Neuerungen in Kirchenverfassung, Liturgie und Ethik —
wie die Ordination von Frauen zum Pfarr- und Bischofsamt, die Rechtfertigung von Kindstötungen
im Mutterleib seitens mancher Kirchenleiter, die kirchliche Segnung praktizierter Homosexualität
oder die Religionsvermischung durch kirchliche Approbation interreligiöser Liturgien. Vor allem
aber entsetzen uns die Versuche mancher kirchenleitender Theologen, die Menschwerdung des
Allmächtigen Gottes und Schöpfers der Welt in Jesus Christus, die Erlösungsbedürftigkeit aller
Menschen durch Christi Sühnetod oder die göttliche Inspiration der Heiligen Schrift rundheraus zu
leugnen oder subtil zu relativieren.

In den Worten von Prof. Leuenberger aus dem letzten Satz seines Beitrags sind das ökumenische
Potential des Book of Common Prayer und das darin tief verankerte volksmissionarische Anliegen
„die Stärke dieser einzigartigen Liturgie“. In den Missionsgemeinden der Reformierten
Episkopalkirche, einer bischöflich verfassten bekennenden Kirche, wird diese Liturgie jede Woche
an verschiedenen Orten in deutscher Sprache zelebriert. Jeder gläubige Christ, dem die Einheit
bekennender Christen mit Jesus Christus im Mittelpunkt wichtig ist und der an die Gegenwart des
HErrn im hl. Abendmahl glaubt, ist herzlich eingeladen, mitzufeiern und den ein für allemal
sühnenden Tod des HErrn zu verkündigen, bis Er wiederkommt (Hebr 9,26ff, 1Kor 11,26).

Die Reformierte Episkopalkirche hat ihren Bischofssitz in Schwarzenborn (Knüll)
und ist Gastmitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Hessen-Rheinhessen;
Missionsgemeinden bzw. Gründungsarbeiten existieren unter anderem in Bonn, Berlin,
Euskirchen, Hamburg und Heidelberg, ein Erzdiakonat besteht in Kroatien und Serbien.
Die Reformierte Episkopalkirche wird geleitet von Bischof Royal U. Grote (Houston,
Texas), zugleich Mitglied der zwölfköpfigen Kirchenleitung der Anglican Church in
North America, und Bischof Gerhard Meyer (Schwarzenborn/Knüll, Hessen).

Anschrift
Reformierte Episkopalkirche,
Richbergstraße 11, 34639 Schwarzenborn;

Telefon: (05686) 730 und 9309235; Telefax: (05686) 9309235;
E-Mail: bischof.meyer@rekd.de, sekretaer@rekd.de;
Internet: http://www.rekd.de

Dr. habil. Frederik Herzberg
Sekretär des Bistumsrats
Reformierte Episkopalkirche in Deutschland

Keine Kommentare: