Das Allgemeine Gebetbuch von 1549
(anglikanisches Mess-
und Gebetbuch)
von F. Martin
Bürgener
Im März 2014 veröffentlichte die kleine Reformierte
Episkopalkirche in Deutschland das „Book of Common Prayer“ (BCP) – das
Allgemeine Gebetbuch der anglikanischen Kirche in seiner letzten Ausgabe von
1662. Revisionen und Ergänzungen sind immer wieder unternommen worden, zuletzt
in den Jahren 1927/8. Mit der Herausgabe dieses Gebetbuchs ist der Reformierten
Episkopalkirche ein einzigartiges Werk gelungen, das das Herz eines jeden, der
sich für Liturgie interessiert, höher schlagen lässt. Ein Jahr später, Ostern
2015, brachte die Reformierte Episkopalkirche eine weitere Ausgabe des „Book of
Common Prayer“ in deutscher Sprache heraus: und zwar die erste Ausgabe dieses
Buches aus dem Jahr 1549.
Es ist die erste reformatorische Liturgie der Anglikanischen
Kirche nach ihrer Trennung von Rom. Herausgegeben wurde sie auf Betreiben König
Eduards VI. (1547-1553) von dem letzten katholischen und ersten anglikanischen
Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer (im Amt von 1533 bis 1553).
Er verfolgte mit der Herausgabe dieses Buches folgende
Ziele:
- Vereinfachung der bis dahin als recht kompliziert empfundenen Mess- und Breviertexte, die lateinisch gesprochen wurden.
- Eine Reduzierung der vorreformatorischen Bücher (Messbuch, Brevier, Pontifikale, Manuale und Rituale) auf ein einziges Buch.
- Die Einführung der Muttersprache in den Gottesdienst.
Die sieben Horen
des klösterlichen Lebens (Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet)
reduzierte er auf zwei Horen: die Laudes und die Vesper (Mattins und Evenson),
wie sie bis heute in der Kirche von England gebetet werden.
In der Erstausgabe
des Allgemeinen Gebetbuchs von 1549 (Originaltitel übersetzt:
„Das allgemeine Gebetbuch
und die Verwaltung der Sakramente und anderer Gebräuche und Zeremonien nach dem
Gebrauch der Kirche von England“ ist wenig vom Geist der calvinistischen
oder zwinglianischen Reformation enthalten, wie in späteren Revisionen. Es ist
getragen vom Geist der alten und katholischen Kirche. Heute ist es ein
gelungener Brückenschlag zwischen den Konfessionen im ökumenischen Dialog. Es
verbindet in einzigartiger Weise den katholisch-altkirchlichen Geist mit den
Ansätzen der Reformation Luthers und Calvins und trägt uns in einigen
Formulierungen bis hin zur Lima-Liturgie von 1982.
Durchzogen ist es
ganz vom Geist augustinisch-reformatorischer Gnadenlehre und lässt uns über
die konfessionellen Grenzen hinweg manches Bekannte und Verbindende entdecken.
Durch seine handliche Ausgabe ist es gut geeignet, zusammen
mit einer Taschenbibel auf Reisen benutzt zu werden.
Der Aufbau des Buches
beginnt mit dem Monatspsalter, der den Beter einmal im Monat durch den ganzen
Psalter führt. Es folgt das Lektionar, das uns in einem Jahr durch den größten
Teil der Heiligen Schrift führt. Auf Seite 25 finden wir den „Täglichen
Gottesdienst“, die liturgischen Stücke für die Laudes und die Vesper. Ab Seite
44 folgt das Proprium de Tempore, die wechselnden Stücke für die gottesdienstlichen
Zeiten mit Psalmen, Tagesgebet und Schriftlesungen.
Etwa ab der Mitte des Buches finden wir die Feier der Kommunion, auch genannt Messfeier oder Eucharistie,
also die feststehenden Stücke des Gottesdienstes, das Ordinarium. Die Messfeier
folgt der alten abendländischen Tradition: Introitus, Kyrie, Gloria,
Tagesgebet, neutestamentliche Lesung und Evangelium, das große oder nizänische
Glaubensbekenntnis, aber ohne „filioque“, folgend einer Resolution der
Lambeth-Konferenz von 1988.
Nach der Predigt
folgt eine lange Abendmahlsvermahnung nach evangelischem Vorbild, an die sich
das Offertorium anschließt, das mit einigen Schriftworten eingeleitet wird.
Nach Präfation und Sanktus kommt ein sehr schönes Eucharistiegebet, das vor den
Einsetzungsworten, alter abendländischer Tradition folgend, eine Gabenepiklese
mit konsekratorischem Charakter enthält. Es kommen die Einsetzungsworte, an die
sich das Lobopfergebet anschließt. Abgeschlossen wird das Hochgebet mit dem
Vaterunser, das wie in vorreformatorischer Zeit ohne Doxologie gebetet wird.
Wie in der alten lateinischen Messe wird vor der Austeilung der Kommunion ein
Schuldbekenntnis gesprochen, dem sich die Lossprechung durch den Priester
anschließt. Während des ganzen eucharistischen Gebets kniet die Gemeinde. Nach
der Kommunion folgt ein sehr schönes Schlussgebet und der Segen.
Christen, die mit der hochkirchlichen Liturgie vertraut
sind, werden manche Wendungen im Eucharistiegebet finden, die ihnen aus der
hochkirchlichen Messfeier bekannt sind, hat doch diese Liturgie Friedrich
Heiler mit als Grundlage der von ihm herausgegebenen Messe gedient. Ebenso
finden wir vieles wieder in der Liturgie der katholisch-apostolischen
Gemeinden, die im 19. Jahrhundert in England entstanden. Die Kollektengebete
für das Kirchenjahr und die Gedenktage der Heiligen stimmen zum größten Teil
mit dem Proprium alter lutherischer Agenden überein, die sich zum großen Teil
nach dem alten lateinischen (römischen) Messbuch richten.
Nach der Eucharistie
finden wir in dem Büchlein alternative
Kollektengebete. Ab Seite 125 folgt die Litanei, ab Seite 137 die Taufe, mit einem sehr schönen Gebet zur
Chrisamsalbung. Ferner enthält das Buch die Firmung oder bischöfliche Konfirmation, die Trauung, den Dienst an
Kranken, Trauerfeier und Begräbnisritus am Grab, Dank der Wöchnerin nach der
Entbindung, die Beichte oder
Buße und einen liturgischen Notenanhang
mit alten englischen Choralsätzen ab Seite 268 -343. (s.d. Beispiel Anhang
letzte Seite)
Ich habe dieses Büchlein schon öfter für Gottesdienste in
Pflegeeinrichtungen und zum persönlichen Gebet gebraucht. Es ist zusammen mit
der Bibel ein großer innerer Gewinn geistlichen Lebens und ich kann es nur
empfehlen.
26.
Juni 2015
F. Martin Bürgener
Für 19,95 Euro ist es, unter dem Titel „Anglikanisches Mess-
und Gebetbuch“, erhältlich beim
Verlag der
Reformierten Episkopalkirche,
Richbergstr. 11,
D-34649 Schwarzenborn
(Telefon: 05686-730,
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