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Samstag, 11. Juli 2015

Das Allgemeine Gebetbuch von 1549


 

Das Allgemeine Gebetbuch von 1549

(anglikanisches Mess- und Gebetbuch)

 

von F. Martin Bürgener

 

Im März 2014 veröffentlichte die kleine Reformierte Episkopalkirche in Deutschland das „Book of Common Prayer“ (BCP) – das Allgemeine Gebetbuch der anglikanischen Kirche in seiner letzten Ausgabe von 1662. Revisionen und Ergänzungen sind immer wieder unternommen worden, zuletzt in den Jahren 1927/8. Mit der Herausgabe dieses Gebetbuchs ist der Reformierten Episkopalkirche ein einzigartiges Werk gelungen, das das Herz eines jeden, der sich für Liturgie interessiert, höher schlagen lässt. Ein Jahr später, Ostern 2015, brachte die Reformierte Episkopalkirche eine weitere Ausgabe des „Book of Common Prayer“ in deutscher Sprache heraus: und zwar die erste Ausgabe dieses Buches aus dem Jahr 1549.

 

Es ist die erste reformatorische Liturgie der Anglikanischen Kirche nach ihrer Trennung von Rom. Herausgegeben wurde sie auf Betreiben König Eduards VI. (1547-1553) von dem letzten katholischen und ersten anglikanischen Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer (im Amt von 1533 bis 1553).

 

Er verfolgte mit der Herausgabe dieses Buches folgende Ziele:

  1. Vereinfachung der bis dahin als recht kompliziert empfundenen Mess- und Breviertexte, die lateinisch gesprochen wurden.
  2. Eine Reduzierung der vorreformatorischen Bücher (Messbuch, Brevier, Pontifikale, Manuale und Rituale) auf ein einziges Buch.
  3. Die Einführung der Muttersprache in den Gottesdienst.

 

Die sieben Horen des klösterlichen Lebens (Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet) reduzierte er auf zwei Horen: die Laudes und die Vesper (Mattins und Evenson), wie sie bis heute in der Kirche von England gebetet werden.

 

In der Erstausgabe des Allgemeinen Gebetbuchs von 1549 (Originaltitel übersetzt:

„Das allgemeine Gebetbuch und die Verwaltung der Sakramente und anderer Gebräuche und Zeremonien nach dem Gebrauch der Kirche von England“ ist wenig vom Geist der calvinistischen oder zwinglianischen Reformation enthalten, wie in späteren Revisionen. Es ist getragen vom Geist der alten und katholischen Kirche. Heute ist es ein gelungener Brückenschlag zwischen den Konfessionen im ökumenischen Dialog. Es verbindet in einzigartiger Weise den katholisch-altkirchlichen Geist mit den Ansätzen der Reformation Luthers und Calvins und trägt uns in einigen Formulierungen bis hin zur Lima-Liturgie von 1982.

 

Durchzogen ist es ganz vom Geist augustinisch-reformatorischer Gnadenlehre und lässt uns über die konfessionellen Grenzen hinweg manches Bekannte und Verbindende entdecken.

Durch seine handliche Ausgabe ist es gut geeignet, zusammen mit einer Taschenbibel auf Reisen benutzt zu werden.

 

Der Aufbau des Buches beginnt mit dem Monatspsalter, der den Beter einmal im Monat durch den ganzen Psalter führt. Es folgt das Lektionar, das uns in einem Jahr durch den größten Teil der Heiligen Schrift führt. Auf Seite 25 finden wir den „Täglichen Gottesdienst“, die liturgischen Stücke für die Laudes und die Vesper. Ab Seite 44 folgt das Proprium de Tempore, die wechselnden Stücke für die gottesdienstlichen Zeiten mit Psalmen, Tagesgebet und Schriftlesungen.

 

Etwa ab der Mitte des Buches finden wir die Feier der Kommunion, auch genannt Messfeier oder Eucharistie, also die feststehenden Stücke des Gottesdienstes, das Ordinarium. Die Messfeier folgt der alten abendländischen Tradition: Introitus, Kyrie, Gloria, Tagesgebet, neutestamentliche Lesung und Evangelium, das große oder nizänische Glaubensbekenntnis, aber ohne „filioque“, folgend einer Resolution der Lambeth-Konferenz von 1988.

 

Nach der Predigt folgt eine lange Abendmahlsvermahnung nach evangelischem Vorbild, an die sich das Offertorium anschließt, das mit einigen Schriftworten eingeleitet wird. Nach Präfation und Sanktus kommt ein sehr schönes Eucharistiegebet, das vor den Einsetzungsworten, alter abendländischer Tradition folgend, eine Gabenepiklese mit konsekratorischem Charakter enthält. Es kommen die Einsetzungsworte, an die sich das Lobopfergebet anschließt. Abgeschlossen wird das Hochgebet mit dem Vaterunser, das wie in vorreformatorischer Zeit ohne Doxologie gebetet wird. Wie in der alten lateinischen Messe wird vor der Austeilung der Kommunion ein Schuldbekenntnis gesprochen, dem sich die Lossprechung durch den Priester anschließt. Während des ganzen eucharistischen Gebets kniet die Gemeinde. Nach der Kommunion folgt ein sehr schönes Schlussgebet und der Segen.

 

Christen, die mit der hochkirchlichen Liturgie vertraut sind, werden manche Wendungen im Eucharistiegebet finden, die ihnen aus der hochkirchlichen Messfeier bekannt sind, hat doch diese Liturgie Friedrich Heiler mit als Grundlage der von ihm herausgegebenen Messe gedient. Ebenso finden wir vieles wieder in der Liturgie der katholisch-apostolischen Gemeinden, die im 19. Jahrhundert in England entstanden. Die Kollektengebete für das Kirchenjahr und die Gedenktage der Heiligen stimmen zum größten Teil mit dem Proprium alter lutherischer Agenden überein, die sich zum großen Teil nach dem alten lateinischen (römischen) Messbuch richten.

 

Nach der Eucharistie finden wir in dem Büchlein alternative Kollektengebete. Ab Seite 125 folgt die Litanei, ab Seite 137 die Taufe, mit einem sehr schönen Gebet zur Chrisamsalbung. Ferner enthält das Buch die Firmung oder bischöfliche Konfirmation, die Trauung, den Dienst an Kranken, Trauerfeier und Begräbnisritus am Grab, Dank der Wöchnerin nach der Entbindung, die Beichte oder Buße und einen liturgischen Notenanhang mit alten englischen Choralsätzen ab Seite 268 -343. (s.d. Beispiel Anhang letzte Seite)

 

Ich habe dieses Büchlein schon öfter für Gottesdienste in Pflegeeinrichtungen und zum persönlichen Gebet gebraucht. Es ist zusammen mit der Bibel ein großer innerer Gewinn geistlichen Lebens und ich kann es nur empfehlen.

 

                                                           26. Juni 2015

                                                           F. Martin Bürgener

 


 

Für 19,95 Euro ist es, unter dem Titel „Anglikanisches Mess- und Gebetbuch“, erhältlich beim

 

Verlag der Reformierten Episkopalkirche,

Richbergstr. 11, D-34649 Schwarzenborn

(Telefon: 05686-730,

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